In der Region öffnen die Besitzer von 20 zertifizierten Naturgärten ihre Tore für Besucher. Den Auftakt macht ein Firmengarten in Erbshausen. Was es dort zu sehen gibt.
Umgeben von Industriebauten summen hier Wildbienen an seltenen Wiesenblumen, wachsen Tomaten, Paprika und Kräuter in Hochbeeten und flattern rar gewordene Schmetterlinge: Willkommen im Naturgarten von Clemens und Barbara Voll in Erbshausen bei Würzburg. Während anderswo Steingärten immer beliebter werden, worunter die Artenvielfalt leidet, sieht man hier mitten im Gewerbegebiet Lebensräume und Natur pur.
Um die Biodiversität in den Gärten zu fördern hat das Bayerische Landwirtschaftsministerium die Zertifizierung von Naturgärten ins Leben gerufen. 50 Gartenbesitzer in Unterfranken haben im vergangenen Jahr die Auszeichnung mit der Plakette „Bayern blüht – Naturgarten“ erhalten – so wie die Volls. Mit der Zertifizierung als Naturgarten setzen die Besitzer ein Zeichen für die nachhaltige und ökologische Bewirtschaftung und vielfältige Gestaltung ihres Gartens.
Rundgang durch 20 verschiedene Gärten
20 der ausgezeichneten Naturgärten sollen in den kommenden Wochen nun zu besichtigen sein: Zusammen mit den Gartenbesitzern hat Christine Bender, Geschäftsführerin vom Bezirksverband für Gartenbau und Landespflege, Rundgänge erarbeitet. Die Naturgarten-Touren bietet Gartenfreunden die Möglichkeit die Gartenbesitzer und Naturgärten kennenzulernen, sich auszutauschen und von den Erfahrungen zu profitieren. „Größe und Stilrichtung der Gärten sind dabei so unterschiedlich und individuell wie ihre Besitzer“, sagt Bender.
Hortus Muu: Ein Firmengarten voller Artenvielfalt
Der erste Naturgarten, der sich für Besucher öffnet, ist der von Barbara und Clemens Voll. Das Ehepaar betreibt im Gewerbegebiet von Erbshausen eine Kuchenmanufaktur. Inspiriert durch einen Vortrag von Markus Gastl, Autor und Gründer des „Hortus-Netzwerks“, haben die Volls ihre 2000 Quadratmeter große Fläche seit 2017 zu einem naturnahen Garten entwickelt. Abgeleitet vom Firmennamen, Muu-Kuchen, haben sie ihn „Hortus Muu“ genannt.
„Unser Ziel ist es, nachhaltig und umweltschonend zu wirtschaften, dabei möglichst keine Flächen dauerhaft zu versiegeln und die Freiflächen mit einheimischen Pflanzen zu begrünen“, sagt Barbara Voll. Die Unternehmerin hat vorher als Gartenbauingenieurin gearbeitet und weiß, wovon sie spricht: „Mittlerweile blüht, summt und brummt es überall.“
Nach dem Prinzip Drei-Zonen-Garten
So findet sie inzwischen relativ selten gewordene Schmetterlingsarten wie den Aurorafalter oder Bläulinge in ihrem Garten: „Wir haben mit heimischem Wildsaatgut und Wildgehölzen versucht, Lebensräume nachzubauen“, sagt Voll. Davon möchte sie an diesem Samstag den Besuchern der Naturgartentour erzählen. Schwerpunkt des Rundgangs das Prinzip des Drei-Zonen-Gartens, das auf Markus Gastl zurückgeht.
Pufferzone, Hot-Spot-Zone, Ertragszone
Da ist zuerst die Pufferzone: „Das ist der Bereich, der den Garten nach außen abgrenzt. Wir haben eine Hecke aus heimischen Wildrosen und Wildgehölzen angelegt“, sagt Voll. Die Hot-Spot-Zone ist dann der Bereich, in dem der Garten „abgemagert“ wird und bleibt, um die Artenvielfalt der Pflanzen zu fördern. „Bei uns blühen jetzt Margeriten, Flockenblumen oder Karthäusernelken“, sagt die Gartenexpertin. Diese Blumen finde man in einer normalen Wiese nur noch selten: „Die meisten Böden sind überdüngt.“ Auf mageren Böden würden sich dagegen Pflanzen entwickeln, die Wildbienen und viele andere Insekten anziehen. „Gerade in Gewerbegebieten besteht dafür auf ungenutzten Flächen viel Potenzial“, sagt Voll.
Die dritte Zone in einem Garten des Hortus-Netzwerks ist die Ertragszone, die für den Anbau von Gemüse, Obst und Kräutern genutzt wird. Die Volls haben dafür vier Hochbeete gebaut, in denen Tomaten, Gurken und Paprika wachsen. „In der Mittagspause kommen wir gerne zum Ausruhen und Naschen in den Garten“, sagt Voll. Und alles anfallende Grüngut werde kompostiert: „Aus dem Drei-Zonen-Garten wird nichts entfernt, man kann alles, was in den anderen Zonen abfällt, verwerten.“