Tiepolo – Interview von Dominik Röding zum 10jährigen Jubiläum der Genießermanufactur Würzburg
Wie feiern Sie die zehn Jahre Genießermanufactur?
Persönlich eher im Stillen, denn die vergangene Zeit war sehr turbulent. Wir machen uns ein leckeres 3-Gäge-Menü, genießen einen schönen Merlot dazu und lassen mal alle Fünfe gerade sein. Für unsere Kunden geben wir für ihre Treue und Interesse an unseren Genusswerken ein kleines Dankeschön in Form eines kleinen Jubiläumsrabattes weiter.
Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die vergangenen zehn Jahre zurück?
Da ist von allen Gefühlslagen etwas dabei. Von Euphorie und Freude, über Dankbarkeit und einer gewissen Demut, über Wut und Hoffnungslosigkeit, bis zu Erfüllung und Zufriedenheit.
Entstanden aus dem kreativen Nichts, mit nichts, außer der Freude am Experimentieren, Kochen und Genießen.
Viele Kreationen sind in dieser Zeit entstanden, sei es an Produkten, oder damit verbundenen Kochrezepten. Begonnen haben wir mit fünf Genusswerken, heute sind es an die 100 pikanten und 50 süßen Gaumenschmeicheleien, wovon einige im Auftrag ersonnen wurden, andere bewusst nur ein einziges Mal in limitierter Anzahl.
Zugegeben, wir hatten es uns etwas leichter vorgestellt und die harte Realität hat uns schnell eingeholt. Aber wenn man von etwas beseelt und überzeugt ist, dann beißt man auch mal die Zähne zusammen und übersteht die eine oder andere Durststrecke.
Es war eine Zeit, in der wir sehr viel Erfahrungen und Wissen sammeln durften, sei es Produktionstechnisch, aber auch menschlich. Dies macht unter anderem unser heutiges Potential als Spezialisten für biologische Würzpasten und Besonderheiten wie Schwarze Nüsse & Co. aus.
Was hat sich in der Branche verändert in dieser Zeit?
Wir kennen den Bio-Bereich seit über 25 Jahren. Damals war es noch gesetzter, sinnlicher, ehrlicher. Heute steht die Bio-Branche der konventionellen in keinem mehr nach. Die Qualitäten sind beim Bio-Discounter zeitweise fragwürdig, die Verkaufsstrategien haaresträubend.
Alles, was es im Konventionellen gibt, muss es angeblich auch in bio geben. Egal, ob Zusatzstoffe und extreme Verarbeitungsschritte die Folge sind, begleitet vom bunten Verpackungswahn.
Zum Anfang hatte man als kleiner Betrieb noch gute Chancen in den Markt zu kommen, da Bio-Lebensmittel und Bio-Erzeugnisse etwas Neues, Unbekanntes, etwas „spinnertes“ waren.
Heute ist es eher ein Verdrängungswettbewerb, bei dem die Großen ihr Machtpotential ausspielen. Die Kleinen sind gut für Ideen und Pionierarbeit, aber bitte nicht mehr.
Es geht den wenigsten um den Inhalt, mehr um das Äußere. Ethik tritt in den Hintergrund – so empfinden wir es zumindest.
Die kleinen und mittleren Betriebe müssen immer mehr um ihre Existenz kämpfen, weil letztendlich der Kunde nicht unterscheiden will oder kann, was wirkliche Qualität ist. Wir haben in jüngerer Zeit bei einigen kleinen Betrieben, ob Bäckerei, Metzgerei oder Landwirtschaft, miterlebt, dass diese nach langen Jahren schließen mussten, weil die Wertschätzung ihrer Produkte nicht über den Kauf realisiert wurde. Aber davon müssen wir leben. Wir können nicht mit der Industrie, also den Massenprodukten mithalten. Manchmal fragen wir uns, wie ein Unternehmen ein Produkt zu so kleinem Preis im Handel anbieten kann, für den wir nicht einmal die Verpackung bekommen.
Welche Köstlichkeit haben Sie zuletzt genossen?
Wir haben es uns mit einer Freundin, mit der wir öfter zusammen kochen, gut gehen lassen. Sie hatte mit Tiger-Prawns (Riesengarnelen) beigetragen, die wir mit Goldenem Schatz (Zitronengras-Ingwer-Paste), Gelber Currypaste und etwas Gewürz-Chilipaste, sowie einen Spritzer Sojasoße marinierten. Leicht angebraten, mit ein paar Scheibchen Knoblauch arrangierten wir diese auf einem Risotto mit Erbsen und Pilzen, das mit einem kleinen Klecks Pesto di Limone (Zitronenwürzpaste) erfrischt wurde.
Zuvor taten wir uns an einer selbst gemachen Knoblauch-Mayonnaise gütlich und den Abschluss bildete ein Schwarze-Johannisbeeren-Eis auf Apfel-Crumble.
Welche Produkte empfehlen Sie jetzt zur Herbstzeit? (evtl. mit Rezept)
Einzelempfehlungen sind eher schwierig, da unsere Produkte das ganze Jahr über genossen werden können. Generell bieten sich wieder wärmende Gerichte wie Currys, Eintöpfe und Wildgerichte an. Am liebsten genießen wir Leckeres aus dem Wok.
Unseren würzenden Beitrag leisten dazu die Currypasten in rot, gelb, grün oder indisch, sowie unser Wildgewürz Hubertus. Kombiniert mit saisonalen frischen Zutaten gelingt so ein leckeres Mahl.
Welche Philosophie steckt hinter der Genießermanufactur?
Da wir selbst gesundheitliche Probleme haben, die von Allergien und Unverträglichkeiten begleitet sind, ist die oberste Priorität ein sauberes Lebensmittel zu erzeugen. Das heißt schon mal Zutaten aus kontrolliert biologischem Anbau. Zusatzstoffe, die zwar auch in großen Mengen in der Bio-Branche zulässig sind und teilweise nicht einmal deklariert werden müssen, schieden und scheiden weiterhin ebenfalls aus. Wir wollen uns auf die Lebensmittel einstellen und diese nicht maschinengefügig oder massenproduktionstauglich machen. Da braucht es schon etwas mehr Hingabe und Fingerspitzengefühl.
Handarbeit, das wollen wir, auch wenn uns natürlich kleinere haushaltsübliche Maschinen unterstützen. Dies bedingt die Produktion in kleinen Chargen, deren Menge von einer Tagesproduktion vorgegeben werden. Da können auch mal nur 100 Gläschen sein.
Rohstoffe aus regionaler Erzeugung sollten es vorrangig ein. Auch das hatten wir uns einfacher vorgestellt, denn tonnenweise etwas zu bekommen ist leichter, als kleinere Mengen, wie wir sie benötigen.
Viele Qualitätskriterien arbeiten sozusagen im Hintergrund mit. Authentizität, Ethik, Ehrlichkeit, Fairness, Nachhaltigkeit – um nur einige zu nennen. Dies ist auch der Mehrwert unserer hochwertigen Produkte.
Welche Angebote können Sie Menschen machen, die an Allergien, Unverträglichkeiten usw. leiden?
Zum einen haben wir bewusst die Volldeklaration gewählt. Jeder soll die Möglichkeit haben, sich danach zu orientieren, sollte er ernährungsphysiologische Einschränkungen haben. Wie erwähnt, verzichten wir auf Zusatzstoffe, selbst Bindemittel in den Würzpasten finden keine Verwendung. Bei Gemüsen achten wir darauf, dass wir samenfeste Sorten bekommen, denn diese sollen allgemein besser verträglich sein, als F1-Hybriden & Co. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die samenfesten Sorten besser im Geschmack sind und weniger Wassereinlagerung aufweisen. Die Form ist manchmal etwas unterschiedlich und manchmal weisen Obst und Gemüse kleinere optische Unschönheiten auf. Dies ist für uns jedoch ein Zeichen der Natürlichkeit.
Warum kochen Sie und warum probieren Sie gerne neue Dinge aus?
Weil es Spaß macht. Thomas kocht schon seit jungen Jahren und ein Fünf-Gänge-Menü war kein Problem. Irgendwann ging es weg von der damals aufkommenden Nouvelle Cuisine, weg von der etwas schwereren Hausmannskost, hin zu leichteren Gerichten. Und schon ist man in Asien mit seiner großen Gewürzvielfalt, gepaart mit viel frischem Gemüse.
Das war auch der Initialfunke, die Genießermanufactur zu gründen. Auf der Suche nach den berühmten Thai-Currypasten gingen wir aus dem Asialaden und sagten und: „Gibt es diese nicht in Bio-Qualität, dann machen wir sie eben selbst“. Hintergrund waren die diversen Geschmacksverstärker, Farbstoffe, Stabilisatoren und weiteren E-deklarierten Zusatzstoffe.
Geschmäcker ausprobieren, Experimentieren, manchmal auch scheinbar schräge Kombinationen austüfteln, Texturenspiele, der alchemistische Aspekt und die heutige Crossover-Küche, davon ist Thomas angetan. Und Sabine ist eine dankbare Genießerin seiner Kreationen, denn sie darf nicht nur die neuen Kreationen probieren, sonder wird täglich von ihm bekocht.
Welche Vorgaben muss ein Produkt erfüllen, um bei Ihnen in den Verkauf zu gelangen?
Schmecken muss es! Es ist nochmal ein Unterschied, wie die Würzpaste pur schmeckt, im Gegensatz in Kombination mit den Zutaten für ein bestimmtes Gericht. Es sollen sich keine Einheitsgeschmäcker durch die Produktpalette ziehen, weshalb jedes Produkt eine eigens ausgearbeitete Rezeptur hat.
Es klingt zwar etwas seltsam, aber wir müssen mit dem Geschmack zufrieden sein, denn was uns nicht schmeckt, wird nicht produziert.
Die Lieferfähigkeit ist zwar auch ein Thema, aber unsere Kunden schätzen es inzwischen, wenn wir aufgrund der Verfügbarkeit das eine oder andere Produkt nur saisonal anbieten können.
Warum ist Ihnen Bio wichtig?
Weil wir nur so die weitestgehende Gewissheit haben, unbelastete Rohstoffe zu erhalten. Bewußt wenden wir uns kleinen Erzeugern zu, da mit diesen eine Kommunikation und Abkommen auf Augenhöhe möglich sind und der echte ökologische Landbau gefördert wird. Ein Handschlag zählt hier mehr, als ein Knebelvertrag.
Außerdem geht es neben unserem überlegtem ökologischem Handeln menschlicher zu, als im konventionellen Bereich, obwohl sich der Begriff Bio zunehmend verwässert. Bio zu verkaufen und selbst beim Discounter konventionell einkaufen gehen, da stimmt für uns etwas mit der Ethik nicht.
Also ist Bio für uns eine Lebensphilosophie, keine Marktstrategie.
Etwas für Mensch, Tier und Natur zu tun, muss nicht mit Geld zusammenhängen, es ist das Handeln.
Wo finden Sie Inspiration? Welche Einflüsse prägen Ihre Produkte?
Inzwischen ist es die Lust und Laune, mal ein Kunde, der von einem bestimmten Geschmack erzählt. Manchmal steht Thomas am Herd, kocht, und denkt sich: „Dafür wäre doch jetzt eine Würzpaste nicht schlecht“.
Einflüsse die prägen, sind das eigene Geschmacksbedürfnis, die Lust am Genuss.
Sie bieten auch Rezepte zum Nachkochen mit ihren Produkten an. Wo finde ich diese?
Ideen geben, das ist wichtig. Ob dies sogenannte Küchen-Quickies, also Schnellgerichte sind, oder hin zur Haute Cuisine reichen.
Auf unserer Seite www.die-geniessermanufactur.de haben wir in einem Onlinekochbuch interessante Rezepte zusammengestellt, die von uns gekocht wurden. Weiteres Wissenswerte findet man dort natürlich auch, neben der Möglichkeit über den Onlineshop zu bestellen.
Wir freuen uns aber auch auf einen persönlichen Besuch hier bei uns, oder einer Veranstaltung.
Und unsere Produkte sind auch bei verschiedenen Händlern in und rund um Würzburg zu finden. Eine Händlerliste findet man unter http://www.die-geniessermanufactur.de/unsere-partner/
Warum Pasten und keine Trockenmischungen?
Warum gerade Gewürze in Pastenform? Begonnen hat Thomas mit vielen Gewürzmischungen.
Da die Gewürze wie bei einem Parfüm sowohl Kopf-, als auch Herz- und Basisnoten aufweisen, bemerkte er, dass die Kopfnoten sehr schnell verflogen.
Also was tun, um diese festzuhalten? Nach einigem Überlegen kam er auf die Pasten. Der Vorteil ist außerdem, dass frische Zutaten verwendet werden können, die wesentlich angenehmer im Geschmack sind, als getrocknete. Denken Sie nur an Knoblauchgranulat – gruselig. Oder Zitronengras; getrocknetes Zitronengras eignet sich für einen Lemongras-Tee – zu mehr nicht!
Konzentrierter Geschmack im kleinen Gläschen ist für uns befriedigender als eine ½ Liter-Flasche mit etwas Geschmack, Wasser und Verdickungsmittel zu füllen.
Kochen Sie täglich selbst?
Na klar, da wissen wir, was wir zu uns nehmen.
Selbst nach einer Veranstaltung, wenn wir nach Hause kommen, muss es etwas Selbstgekochtes sein. Das kann ein Tomatensugo, das wir vorbereitet haben, mit Pasta und einem Salat sein, eine Pizza, deren Teig wir in der Frühe in die Küchenmaschine gaben, oder etwas Kurzgebratenes mit einem Sößchen aus dem Genießermanufactur-Programm mit einer Baguette.
Wie muss man sich das Kochen mit Würzpasten vorstellen?
Am besten unkompliziert. Wir sagen immer salopp, dass es den Pasten egal ist, was oder wie mit ihnen gewürzt wird, Hauptsache es schmeckt.
Man kann mit den Pasten leicht verdünnt direkt würzen und auch anbraten, sie schmecken lecker in Suppen, Soßen, Marinaden, Aufläufen und Dips, geben Currys ihr typisches Aroma. Gemüse, Salate, Käse, wir haben viele Tipps, wie man seine Küche schmackhaft und aromatische bereichern kann.
Ihre Produkte sind für Vegetarier, Veganer und Fleischliebhaber gleichermaßen geeignet?
Das ist das Schöne an unseren Produkten. Wir benötigen keine tierischen Bestandteile. Bis auf drei Produkte, in denen wir Butter und Sahne, bzw. Honig verwenden, produzieren wir alles sogar vegan.
Der Fleischliebhaber kann natürlich sein Steak mit einem Smoky Joe verfeinern, sein Hähnchen mit der Hähnchenwürzpaste würzen, oder sich eine Marinade mit der Gewürz-Chilipaste zaubern.
gez. Dominik Röding
Einen ganz herzlichen Dank an Herrn Röding!
Quelle: https://www.die-geniessermanufactur.de/tiepolo-interview-mit-dominik-roeding/